Beim Krafttraining ist oft nur von der „Bewegung gegen den Widerstand“ die Rede. Doch tatsächlich durchläuft jede Übung zwei Phasen: die konzentrische und die exzentrische. Beide Trainingsformen sind wichtig für Muskelaufbau, Kraftsteigerung und Verletzungsprävention. In diesem Artikel erfährst du, worin die Unterschiede bestehen – und warum ein gezielter Fokus auf exzentrisches Training deine Fortschritte auf ein neues Level heben kann.
Vergleich: konzentrisch und exzentrisch
Konzentrisches Training | Exzentrisches Training |
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Muskel verkürzt sich aktiv | Muskel verlängert sich unter Belastung |
Bewegung gegen den Widerstand, typischerweise beim Anheben von Gewichten | Kontrolliertes Nachgeben mit dem Widerstand, typisch beim Absenken von Gewichten |
Höherer Energieverbrauch während der Bewegung | Stärkere mechanische Belastung für den Muskel |
Häufig im klassischen Krafttraining betont | Gezielt in Aufbautraining und Reha genutzt |
Weniger Fokus auf kontrolliertes Absenken | Exzentrische Belastungen ermöglichen es, mit bis zu 50% höheren Lasten zu arbeiten und einen stärkeren Wachstumsreiz zu setzen |
Typisch in vielen Trainingsplänen integriert | Häufig unterschätzt oder zu wenig betont, aber ein wichtiger Bestandteil für maximale Muskelhypertrophie |
Muskelaufbau durch exzentrisches Training
In vielen Trainingsplänen liegt der Schwerpunkt fast ausschließlich auf der konzentrischen Phase. Dabei zeigen Studien, dass exzentrisches Training in mehreren Bereichen sogar überlegen ist. Es kann zu einer stärkeren Hypertrophie (Muskelzuwachs) führen, die Sehnenstruktur verbessern und die Belastbarkeit des gesamten Bewegungsapparates erhöhen.
Exzentrisches Krafttraining gilt als bewährte Intensivierungstechnik – sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene. Studien zeigen, dass man mit dieser Methode bis zu 50 % höhere Belastungen bewältigen kann als in der positiven Phase.
Ein besonders großer Vorteil: Exzentrische Bewegungen ermöglichen es, mit höheren Lasten zu arbeiten als in der konzentrischen Phase. Das bedeutet, bei klassischen Hantelübungen konzentriert man sich auf das kontrollierte Absenken der Gewichte, ohne sie aktiv hochzudrücken. Im Bereich Bodyweight-Training, wie bei Klimmzügen, funktioniert das ebenfalls, allerdings mit Anpassung – hier kann man mit Negativwiederholungen langsam anfangen, um die Muskeln zu fordern, auch wenn die konzentrische Phase noch nicht vollständig möglich ist.
Ein häufiger Vorteil für Anfänger: Wer noch keinen einzigen Klimmzug schafft, kann sich mit Negativwiederholungen langsam herantasten – und so erste Muskelreize setzen. Dabei wird das kontrollierte Absenken der eigenen Körpermasse genutzt, um die Muskeln intensiv zu beanspruchen. Der Nachteil: Körpergewichtsübungen lassen sich nicht beliebig dosieren. Entweder man schafft eine Wiederholung – oder eben nicht.
Gleichzeitig kann exzentrisches Training die Gelenkbelastung reduzieren – vorausgesetzt, es wird richtig dosiert. Das macht es ideal sowohl für die Rehabilitation als auch für die Prävention. Es gibt spezielle Trainingsmaschinen wie EGym, die darauf ausgelegt sind, aber auch zuhause lässt sich exzentrisches Training einfach integrieren.
Einsatzgebiete des exzentrischen Trainings
- Rehabilitation:
Exzentrisches Training wird häufig eingesetzt, um Sehnen und Muskeln nach Verletzungen wieder aufzubauen. Besonders bei Sehnenreizungen und Muskelrissen stärkt die kontrollierte Belastung die Gewebestruktur. In der Physiotherapie wird es oft mit niedriger Intensität angewendet, um die Rückkehr zu kraftvollen Bewegungen zu unterstützen.- Exzentrisches Wadenheben bei Achillessehnenproblemen
- Langsames Beinbeugen bei Oberschenkelverletzungen
- Exzentrisches Schulterheben nach Rotatorenmanschetten-Reha
- Abwechslung im Training:
Der Fokus auf die exzentrische Phase bringt neue Reize ins Training und kann helfen, Plateaus zu überwinden. Gleichzeitig steigert die Abwechslung die Motivation, da der Körper auf eine andere Weise gefordert wird.- Negativtraining mit Nackentrainer (in der negativen Phase die Stahlkette mit beiden Händen herunterziehen und so die Last erhöhen)
- Beidarmiges Heranziehen beim Kabelrudern, langsames einarmiges Nachgeben beim Zurückführen (Halb-Negativ-Training)
- Einbeiniges Wadenheben mit zusätzlicher Belastung durch Gegendruck beim Schulterdrücken in der negativen Phase (z.B. am oberen Türrahmen)
- Intensivierungsmethode:
Exzentrisches Training kann gezielt als Intensivierung eingesetzt werden, um den Muskelaufbau weiter zu fördern. Dabei sollte bewusst nur eine Auswahl an Übungen verwendet werden, um eine Überlastung durch die hohe Muskelspannung zu vermeiden.- Negative Klimmzüge mit Zusatzgewicht (langsames Absenken)
- Einbeinige Kniebeuge (negative Phase betonen)
- Negatives Schulterdrücken mit Kurzhanteln (mit beiden Händen die Hanteln anheben und einarmig langsam absenken)
- Bodyweightübungen bei niedrigem Kraftlevel:
Besonders Frauen und Einsteiger, die bestimmte Bodyweightübungen wie Klimmzüge noch nicht eigenständig bewältigen, profitieren von negativ unterstützten Bewegungen. Durch das bewusste Absenken können wichtige Kraftreize gesetzt werden, auch wenn die konzentrische Phase (Hochziehen) noch nicht vollständig möglich ist.- Negative Klimmzüge (Sprung in die obere Position, langsames Absenken)
- Beidarmiges Wegdrücken bei Wandliegestützen, langsames einarmiges Nachgeben in der Abwärtsbewegung (Halb-Negativ-Training)
- Negative Dips (eine kleine Erhöhung oder Treppe benutzen und dann langsam absenken)
- Ersatz für höhere Gewichte:
Wenn schwerere Kurzhanteln nicht verfügbar sind, kann exzentrisches Training eine clevere Alternative sein – besonders bei einarmigen oder einbeinigen Übungen. Dabei unterstützt eine Hand leicht beim Hochführen, während das kontrollierte Absenken alleine vom arbeitenden Arm übernommen wird (Halb-Negativ-Training).- Beim einarmigen Bizepscurls hilft der andere Arm beim Hochführen, danach kontrolliertes einarmiges Absenken
- Beim einarmigen Frontheben mit der Kurzhantel hilft der andere Arm beim Hochführen, danach langsames Absenken einarmig
- Langsames Absenken bei Bulgarian Split Squats mit Unterstützung (z. B. Geländer, Stock oder Widerstandsband zum leichteren Hochdrücken
- Partnertraining:
Auch im Partnertraining eignet sich die exzentrische Methode hervorragend. Der Trainingspartner übt beim Absenken zusätzlichen Druck auf das Gewicht aus, wodurch ein stärkerer Trainingsreiz entsteht.- Der Partner drückt bei den Liegestützen leicht mit dem Fuß gegen den Rücken des Trainierenden
- Banddrücken mit zusätzlichem Druck auf die Langhantel während der Abwärtsbewegung
- Beim Seitheben drückt der Partner beim Absenken leicht seitlich gegen die Arme
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Haftungsausschluss:
Die Anwendung von exzentrischem Training erfolgt auf eigene Verantwortung. Achte bei allen Übungen auf eine saubere Technik und eine angepasste Trainingsbelastung, um Verletzungen zu vermeiden.
Alle Angaben in diesem Artikel basieren auf aktuellem Trainingswissen. Es wird keine Garantie für die Vollständigkeit oder Aktualität der Inhalte übernommen.